Teil II: Hilfe bei der Essstörung. NICHT.

Dieser Artikel wird sich aufteilen in 1.) Wolfs und meine Fastenbilanz und 2.) den am Sonntag versprochenen Frageteil. 🌸

1.) Letztlich haben wir knappe 5 1/2 Tage mit dem Fasten verbracht. Mein Rest-Protokoll sagt Folgendes (= Tag 1 und Tag 2 hier) …

• Tag 3: zwei ungesüßte Kräutertees, zwei ungesüßte Ingwer-Zitronen-Tees, ein extrem seltsamer Mini-Ingwer-Kurkuma-Aufguss (🤔) und ein Schüsselchen Brühe

• Tag 4: ein ungesüßter Kräutertee, zwei ungesüßte Ingwer-Zitronen-Tees und 1 1/2 Schüsselchen Brühe.

• Tag 5: drei ungesüßte Ingwer-Zitronen-Tees und ein Schüsselchen Brühe. 

Danach passierte noch 11 Stunden lang nix (= in denen Wolf und ich *KOCHSHOWS* netflixten, lungerten und schliefen). Zusätzlich tranken wir sehr regelmäßig Leitungswasser, und Wolf hielt sich weiter an seiner Sportroutine und insgesamt zwei 0,5er-Päckchen Sauerkrautsaft fest.

Der Endstand: etwa minus 4,4 KG bei ihm, weil er sich am ersten Tag nicht wog… Exakte minus 4,1 KG bei mir. Selbstredend sind er und ich höchst zufrieden damit – und werden nun ALLES TUN, um den Stand halten. (!) 😊

Super ist auch, dass die Fastenzeit ein Totalreset in Sachen (Industrie-)Zuckerkonsum und Koffeinkonsum war. Davor hatte ich z.B. immer Unmengen an braunem Zucker in meinen Latte Macchiato tun MÜSSEN- Nun reichen mir bereits 1 1/3 Löffel aus, um zu denken: „Ui. Megasüß!“ Das fühlt sich gesund an. Möge der Effekt anhalten- 

Am schönsten finde ich allerdings, dass das Ganze zu einem gemeinsam erreichten Ziel geführt hat.

Wolf wollte das Fasten auf jeden Fall, hätte mir aber *NIE* verboten, währenddessen weiterhin zu essen, so mit Kaffee, Honig-Salz-Mandel-Schokolade und meinem Standardlachs. Bestimmt hätte er sogar ohne Umschweife täglich weiter für mich gekocht!

Aber abgesehen von meiner Neugier (= noch nie in der Form gefastet) und meiner: „Ich liebe dein Essen, aber wenn du zum Kochen keine Muße hast, bin ich voll OK damit“-Haltung stellte ich in den ersten 24 Stunden überraschend fest… Ich will das jetzt unbedingt auch als moralischer Support mit durchziehen! Dass das so reibungslos geklappt hat, lässt mich auf Wölkchen schweben. 

Wolf telefonierte in der Zeit mit so vielen Freunden, die von seinem Fastenplan wussten, und stets kam die Frage: „Ist das nicht hart für dich, wenn Valentin dir täglich was vorisst?“

 „Nein. Denn Valentin macht das mit mir zusammen!“ 💖

Dass ich körperlich sowieso in meinen Wohlfühlbereich zurück wollte, und somit prompt einen Riesenschritt dorthin machen konnte, steht tatsächlich *WEIT* dahinter zurück. 

Gestern gab es dann als Wiedereinstieg in die Normalität (= nebst Espresso und Hafer-Macchiato) eine Champignon-Kartoffel-Zucchini-Minestrone mit in weißem Balsamico abgelöschtem Wirsingkohl. „Wolf! Beste Minestrone meines Lebens!“

„Hoffentlich nicht gleichzeitig deine Erste?!“ 😅

Nein. Absolut nicht meine Erste.

Unter’m Strich war das Fasten also eine extrem positive, gemeinsame Erfahrung und ein tolles Werkzeug, um für eine Weile komplett von Zucker, Koffein, Glutamat und allem künstlichen Mist wegzukommen.

2.) Nun zur Frage, woran man merkt, dass man eine Anorexie hat (= Anorexia Nervosa, F50.0), oder ob man einfach nur abnehmen will. 

Ich möchte darauf gern aus sehr persönlicher Sicht antworten, nicht aus wissenschaftlicher. Die Diagnosekriterien googeln kann zudem jeder, und ich denke, dass die Nachfrage eben nicht darauf abzielte, sondern eher auf das Eigenerleben der Krankheit (= oder? 😮). 

Dass ich selber krank war, habe ich daran erkannt, dass die sowieso schon spärlichst gesäten, guten Dinge in meinem Leben gänzlich hinter meiner Fixierung auf größtmöglichen Gewichtsverlust verschwanden. 

Rückblickend kann ich sagen, dass all meine akuten Krankheitsphasen zuvor einen zusätzlichen Auslöser gehabt haben (= denn häusliche Gewalt, sexualisierte Gewalt, Alltagsrassismus, Ausgrenzung und körperliche Übergriffe in der Schule, emotionale Kälte von Seiten aller Erwachsener, dabei ironischerweise riesiger schulisch-sportlicher Leistungsdruck und die Gewissheit, ein Pflegekind zu sein, waren ohnehin täglich präsent).

Dieser Zusatz-Auslöser war meistens der Verlust eines geliebten Menschen gewesen, und inmitten dieses Chaos erschien mir das Abnehmen wie der sicherste Halt. 

Nicht wie der einzige Halt, denn die guten Dinge waren schließlich „dennoch“ vorhanden! Meine älteren Freunde, beispielsweise, oder mein Zeichnen und Schreiben… ABER: der Abnehmprozess war schlichtweg etwas, worauf ich rund um die Uhr zugreifen konnte, unabhängig von allen äußeren Faktoren, sogar, wenn ich mitten in der Nacht erschlagen wurde von Verlust und Flashbacks.

Mein gesundes Ich hätte in so einem nächtlich-beschissenen Augenblick ganz klar den Griff zum Handy gewagt, einen Freund kontaktiert und: „Ich brauch Hilfe!“ gesagt. Hätte geschrieben, sich einen heißen Kakao gemacht, oder vielleicht alles in Farbe auf’s Papier geworfen. 

Für mein erkranktes Ich gab es lediglich noch die Option, dazuhocken und sich weiter zu zerschneiden, denn auch Blutverlust und alle damit verbundenen Heilungsvorgänge verbrauchen ja Kalorien

Ich *wusste*, dass ich im Grunde nicht alleine war und voller (gesunder) Ressourcen, aber der Gewichtsverlust gab mir gefühlsmäßig festeren Boden unter den Füßen, als alles, was ich liebte.

Damit führte er zu einer Totalabkehr von allem Lebendigen, Warmen und Positiven. 

Ich denke, wenn man nur abnehmen will, dann geht es auch nur um’s Abnehmen. Man tut es, eine gewisse Zeit lang, freut sich über den Erfolg und kann trotzdem währenddessen mit Freunden in der Eisdiele abhängen, „Rückschläge“ mit einem Schulterzucken abschütteln, und nichts dabei verneint das Leben. 

In dem Moment, wo das Abnehmen jedoch zum gefühlt-zuverlässigsten Halt wird (= oder eine andere derartige Stellvertreterfunktion erfüllt), mit dem kein ungezwungener sozialer Alltag, kein Essen ohne Wahnsinnsangst, keine unbeschwertes Ausüben von Hobbies und keine konstruktive Auseinandersetzung mit Problemen mehr möglich ist… In dem Moment steht man längst knietief in der Scheiße.

Für mich war das Gefühl, dass mir diese Abnehm-Dynamik einfach alles nimmt, obwohl sie mir im selben Atemzug die größte Sicherheit bot, letztlich die Gewissheit, an etwas sehr Schlimmem erkrankt zu sein. Bis ich mir Hilfe suchte (🐙🐙🐙), dauerte es zwar noch. Aber ich recherchierte, beobachtete mich selbst, und erhielt die Gewissheit letztlich per Krankenschein.

Mh. 

Hoffentlich war das jetzt hilf- oder zumindest aufschlussreich…

Macht euch einen anti-coronal gemütlichen Restdienstag, und nehmt bei Bedarf einen fröhlichen Kalmar mit! 🐙

VVN

P.S.: demnächst will ich vor einem bisher kaum erwähnten Hintergrund darüber schreiben, *WIESO* mir das Dünnsein auch ohne Abkehr vom Leben noch so wichtig ist. Aber erstmal bin ich nun erschöpft. 😇

18 Kommentare zu „Teil II: Hilfe bei der Essstörung. NICHT.

  1. Du bist so ein starker Mensch, dass du mit der Anorexie fertig geworden bist bzw. gelernt hast, damit zu leben. Und es ist ganz wunderbar, dass du Wolf, Julian und noch einige andere gute, liebevolle, liebenswerte und dich stützende Menschen an deiner Seite hast.

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    1. Liebe Martha, ich bin auch wirklich extrem dankbar dafür. Allein auf der Alltagsebene bemüht Wolf sich so sehr um mich… Es ist außergewöhnlich, und das Gegenteil von selbstverständlich. 💖

      Hoffentlich wirst DU ebenfalls immer *mindestens *einen so lieben Menschen in deinem Leben haben. Besser natürlich gleich mehrere! 🌞

      Herzlichste Grüße! VVN

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  2. 1) das war ja dann im Endeffekt wieder ein gemeinsames erstes Mal mit dem total Fasten. Gratuliere auch zu eurem gewünschtem Erfolg. Die Minestrone schaut auch mega lecker aus.

    2) Vielen Dank lieber Valentin, für die Erläuterung und die bewegenden Worte mit dem Einblick in dein persönliches Reich.

    ☀🐙☀🐙☀🐙☀

    Viele Grüße Sandra

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    1. Liebe Sandra! 🌸

      1.) Ja, das stimmt. Und weil ich gemeinsame erste Male mit Wolf so mag, bin ich nachhaltig entzückt. Dazu tief beeindruckt von der Minestrone. Wow. 🙂

      2.) Danke DIR! Der Beitrag war in der Mache ein echter Mentalmarathon, und ich danach erstmal K.O.- Es ist sowieso oft schwer, so harte Themen in einen flüssigen, sogar noch unterhaltsamen Text zu packen! Aber ich wollte das unbedingt so sagen. 😇

      Komm gut in den Freitag! VVN

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      1. Diese Form des Schreibens stelle ich mir sehr schwer vor, gerade weil es sehr privat ist. Und dein K.O. ist absolut verständlich.
        Kommt ihr auch alle gut in den Freitag. Bis bald.
        Viele Grüße Sandra

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  3. Anorexie als Kuscheldecke, in die ich mich einhüllen kann, wenn die Welt mich bedroht. Das Problem ist nur – sie hilft ja nur für den Moment. Die Hülle ist nie groß und dicht genug. Ich kann die Welt hören und irgendwas schaut immer heraus, und wenn es nur die Zehen sind.
    Das kleine Selbst schrumpf und schrumpft – aber das sehe ich gerade nicht bei dir. Du scheinst auf einem guten Weg zu sein und liest dich gut mit deiner Champignon-Kartoffel-Zucchini-Minestrone 😃

    Fasten als Reset ist eine gute Sache. Ich hab vor einiger Zeit Zucker aus Tee und Kaffee verbannt. Die Geschmackssinne haben sich da ziemlich verändert. Ich kann gar nicht mehr so viel Süßes essen.

    Viele Grüße
    Sabine vom 🕷 🕸

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    1. Liebe Sabine, deine Worte mit der Kuscheldecke gefielen mir so gut, dass ich dich zitiert habe. 🌞

      Ein kleines Selbst habe ich zum Glück *tatsächlich* nicht… Und über die Minestrone kann man nur Gutes sagen. Auch Wolf war damit äußerst zufrieden. 🙂

      Alles Liebe! VVN

      P.S.: und wie sich die Sinne verändern! Oo

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