Die LGBTQ*-Community und Solidarität im Fußball.

Das hier wird wieder einer *dieser* Beträge. Politisch, persönlich und brandaktuell. Selbstverständlich geht es um die neuesten Ereignisse rund um die UEFA, um die unverhohlen LGBTQ*-feindliche Politik in Ungarn und um das Fußballspiel „Deutschland gegen Ungarn“ nun um 21:00. Ihr seid gewarnt. 😉

Inzwischen hab ich gefühlt das gesamte Internet zu dem Verbot der UEFA durchforstet, das Münchener Stadion durch die Stadt München heute regenbogenfarben beleuchten zu lassen: Pro, Kontra, Statements von Politik, Sportwelt und anderer Prominenz… Dann natürlich auch WordPress. War bei anderen Blogartikeln dazu unterwegs, diskutierte privat mit FreundInnen, und OHA.

Den ganzen Tag dieses (= mir extrem am 💖 liegende) Thema. Weshalb ich gerade mit dem Kostümfreund und Herrn Carax beim Inder sitze, auf dem Bildschirm hinter und vor uns die EM läuft und ich währenddessen hier herumblogge wie ein totaler Smartphonesuchti. Mistiges Timing auf Grund von wichtiger Informationssuche und -weitergabe. Gnahhh.

Vorgeschichte Ende.

Der Wolf rief mich gestern Nacht an. Er und jede Menge seiner/unserer FreundInnen hätten ihre Profilbilder bei Facebook, Instagram & Co. umgeändert und mit Regenbogenflaggen versehen, und letztlich ginge es um nicht weniger als um „unser aller Würde und Freiheit.“

Selbst wenn man sich nicht mit der LGBTQ*-Community identifiziere, könne man es schlichtweg nicht gutheißen, dass Menschen bis heute weltweit inhaftiert, verfolgt, unterdrückt und getötet würden, weil sie vermeintlich „anders“ seien… Nun – mit Ungarns Anti-LGBTQ-Gesetz – weniger denn je.

EXAKT. 😻

Man vergesse nicht: „In Ungarn ist es jetzt verboten, Minderjährige darüber zu informieren, dass es queere und transgeschlechtliche Personen gibt.“ (= ganzer Artikel hier)

Dagegen ein unmissverständliches Signal auszusenden und zu sagen: „Wir sehen euch, wir nehmen euch wahr und wir wollen nicht, dass ihr als Gefahr für Minderjährige eingestuft und gesellschaftlich totalausradiert werdet!“ ist *das absolut Mindeste*, was man (= auch als Nicht-Betroffener!) für die LGBTQ*-Community tun kann und „sollte“…

Zumal wir hoffentlich alle wissen, wozu es führt, wenn gesamte Menschengruppen systematisch aus der Kultur und dem öffentlichen Bild eines Landes – und der Welt – entfernt werden sollen. 😡

Dabei verstehe ich auch die kritischen Argumente, die derzeit viel gebracht werden, nämlich: das plötzliche Tragen der Regenbogenflagge seitens vieler Leute und besonders die Regenbogenlichtaktion sei reine Symbolpolitik, heuchlerisch, ein Heftpflaster auf einer Schusswunde oder diene lediglich dazu, moralische Überlegenheit (= gegenüber Ungarn) zu demonstrieren, obwohl wir weiß Gott genügend LGBTQ*-Hass bei uns in Deutschland vor der Türe hätten.

Man hätte in der Vergangenheit schon so viel mehr tun müssen – ja, hätte man! 🙄 – und was wäre denn mit Russland und Katar, und überhaupt: „Wieso zum Fick erst jetzt?!!“

Alles valide Punkte.

Was ich bei der ganzen Sache jedoch nicht ausschließe, ist, dass das Anti-LGBTQ-Gesetz für immens viele Personen der letzte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen bringen und sie in Aktion treten ließ – zumal *die Gesellschaft an sich* im Laufe der letzten Jahre in Sachen LGBTQ*-Community viel mehr Informationsquellen und öffentliche LGBTQ*- FürsprecherInnen dazugewonnen hat… Wie spätestens ab Beginn dieser EM auch Manuel Neuer.

Ich möchte niemandem diesen: „OK, *jetzt* reicht’s wirklich!“-Moment absprechen.

Und sollte der nun durch die jüngsten, menschenverachtenden Parlamentsbeschlüsse in Ungarn eingetreten sein, dann sei eben es so. Für den Augenblick bin ich persönlich ganz simpel froh drum, dass die LGBTQ*-Community mehr Aufmerksamkeit denn je erhält und irgendwie (fast) jeder mit einer Regenbogenflagge durch die Straßen zieht. 😊

Auch Sascha Lobo schrieb in seiner neuesten SPON-Kolumne: „Selten ließ sich in der deutschen Öffentlichkeit ein derart regenbogen-intensiver Unterstützungssturm für die LGBTIQ+-Bewegung beobachten.“

Yo. Nehm ich. Dass es nicht dabei bleiben kann und „darf“ steht für mich dabei ebenfalls außer Frage. Doch für das Hier und Heute, und trotz aller o.g. Kritikpunkte, stufe ich die allgemeine Entrüstung betreffs Ungarns Politik und der (Entscheidung der) UEFA insgesamt als etwas enorm Gutes ein. 😺

Wie es Muri Darida bei Zeit-Online sagte:

„Gerade jetzt, wo die ungarische Regierung dermaßen brutal gegen queere, intergeschlechtlich geborene und trans Personen hetzt, sie demütigt und unsichtbar machen will, kann jede Form von Sichtbarkeit für die Betroffenen Bestärkung, Widerstand und Hoffnung bedeuten.“ 💖💖💖

Viel Spaß beim Spiel, sofern ihr es denn schaut… Wir sind arg gespannt! 🐻🐱🐺

Und eben checkte ich, mit meinem Spiegelchen, rasch meine niedliche Erscheinung: „Mh. Mein Scheitel ist auch nicht mehr das, was er mal war…“

„Und *DAS* direkt vor dem Deutschlandspiel.“

Danke, Herr Carax. Danke.

VVN

P.S.: wahrscheinlich lest ihr den Text hier wegen meines miesen Zeitmanagements erst morgen. Hoffentlich wird die Diskussion „trotzdem“ wieder lebhaft, differenziert, konstruktiv und cool. 🌸

21 Kommentare zu „Die LGBTQ*-Community und Solidarität im Fußball.

    1. Es war spät für besagten Tag… So eine Nanosekunde vor dem Anpfiff- 😅

      Das Spiel anzuschauen hat wirklich Spaß gemacht, so nervenaufreibend es am Ende auch war. Und den Beitrag zu schreiben, ebenfalls. Trotz Zeitdruck. Insofern: bitte, gern. 😊

      Pass auf dich auf, liebe Sandra! VVN

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    1. Spaßig war’s, lieber 2 x B… Aber auch extrem spannend! 😱

      Was die Bildregie der UEFA angeht, so hab ich dazu ein Bisschen auf einen längeren Beitrag von dir gehofft. 🙂

      Magst du hier nochmal erläutern – selbst jetzt, recht arg im Nachhinein? VVN

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      1. Ich dachte, mit Anmerkungen zur Bildregie hätte ich auf meinem Blog schon ausreichend genervt 🙂
        Okay, mal ganz kurz erläutert. Die Bildregie ist halt keine in erster Linie journalistische, da ja das internationale Bildsignal von der UEFA rausgegeben wird. Die Sender übertragen es „nur“, kriegen also vorausgewählte Bilder. Die werden weniger nach dokumentarischen/ journalistischen Aspekten ausgewählt, sondern nach Kriterien, die der Geldgeber (Uefa) vorgibt.
        Neulich in Bukarest gab es eine Trinkpause kurz vor der Halbzeit und die Kamera hielt ganz viele trinkende Spieler in Nahaufnahme bereit. Einem Livetikcer konnte man entnehmen, daß auf dem Feld gerade ein Flitzer von zwei Ordnern gejagt wurde.
        Beim ersten Spiel in München gab es den Greenpeace- Mann nur sehr sehr kurz zu sehen. „Dummerweise“ war wohl noch eine Handkamera irgendwo an und zeigte, wie ein deutscher Spieler ihn fragt, ob er sich weh getan habe und ein zweiter ihm auf die Schulter klopft.
        Beim Ungarn- Spiel war der Regenbogenaktivist auch nicht im Bild zu sehen. Zomme irgendwo nah ran und Du zeigst weniger 😉 Was auch für die Regenbogenfahnen galt, von denen wohl vor dem Stadion einige verkauft wurden, aber auf den Rängen gab es nur sehr wenige zu sheen. Da wählt man lieber eine Handvoll Leute, die keine Fahne haben.
        Das ist allmählich auffallend. – Und insgesamt sind es mir zu lange Sequenzen mit Slowmotion und zu wenig Totale.
        Ist jetzt doch ein bißchen mehr geworden… sorry.
        Liebe Grüße!

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  1. Du hast es super auf den Punkt gebracht, lieber Valentin. Wir leben im 21. Jhdt. Die Dalia Research GmbH hat 2016(!) von Europäern wissen wollen, wie viele sich als nicht heterosexuell definieren. Das Ergebnis? 10%. Das ist jeder Zehnte und ich mag behaupten, dass es mittlerweile mehr sind, die sich nicht als strikt heterosexuell bezeichnen. Dass ein Land, dass EU Mitglied ist, und damit von der Währungs- und Wirtschaftssituation profitiert, überhaupt ein solches Gesetz gegen einen Teil der Gesellschaft erwägt, finde ich skandalös. Wir sind im 21. Jhdt. Jeder darf lieben, wen (oder was) er möchte. Ich finde es richtig und wichtig, die LGBTQ* Flagge zu zeigen. Wenn sich das bestimmte Unternehmen zunutze machen und damit geschicktes Marketing betreiben: Okay, bitte. Aber das Zeichen sollte klar sein: Eine Gruppe unserer Gesellschaft wird diskriminiert. Und dagegen stehen wir auf und zeigen: So nicht, mein lieber Freund. Und Fußball, so leid es mir tut, ist auch immer etwas politisch. Eine Interdependenz lässt sich gar nicht vermeiden.
    Ansonsten würde kein Arnautovic gesperrt werden, wenn er schreit: Ich piepe deine albanische Mutter. (Unter uns, Arnautovic ist ein schöner Mann. Auch er darf “lieben” wen er will. Und wenn er nun auf albanische Mütter steht, na dann, viel Spaß. 😉)
    In diesem Sinne: Wir halten die Fahne hoch! 🏳️‍🌈
    Liebe Grüße an euch, Eva

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    1. Liebe Eva, danke dir fürs Fahne hochhalten! 😺

      Und, mh: zu dieser allgemein gerne geäußerten Kritik, dass bestimmte Leute/bestimmte Unternehmen die Regenbogenflagge womöglich nur tragen, um positive Aufmerksamkeit zu bekommen und sich selbst – bzw.: die eigenen Produkte – besser zu vermarkten… Jaaa. Selbstverständlich gibt es das, doch da denke ich wie du. „Okay, bitte.“

      Dadurch wird 1.) das Engagement all jener, die die Flagge aus tiefster Überzeugung tragen, doch nicht weniger wertvoll und weniger wichtig, 2.) ist selbst *das* besser als Nix, und 3.) rückt die Bewegung dadurch schließlich „trotzdem“ noch mehr in den gesellschaftlichen Fokus. Wenn überhaupt ist das ein Win-Win! 🤔

      Sofern das jeweilige Unternehmen/der jeweilige Personenkreis nicht hinter den kommerziellen Kulissen bekennend *gegen* die LGBTQ*-Community agiert, kann ich mit sowas klarkommen. Ein Symbol der Akzeptanz und Solidarität bleibt am Ende des Tages ein solches. Je mehr davon im Alltagsbild, desto besser. 🌸

      Herzliche Grüße zurück! VVN

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      1. Lieber Valentin, das hast du sehr schön beschrieben!❤️ “Ein Symbol der Akzeptanz und Solidarität bleibt am Ende des Tages ein solches.” Genau so ist’s! 🏳️‍🌈
        Ganz liebe Grüße, Eva

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  2. Kann Fußball unpolitisch sein? Und ist nicht ein Verbot einer Regenbogenbeleuchtung auch ein politisches Signal? Ich sehe es als verpasste Chance. Homosexualität als zu akzeptierende Normalität aus den Medien zu tilgen, ist eine Verletzung von Menschenrechten!

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    1. Lieber Tom, ab einem gewissen Punkt und vor gewissen Hintergründen wird – denke ich – jeder Sport und jede Kunst (mitunter auch) politisch. Man denke nur an die Schachweltmeisterschaft 1972, OHA! 🤔

      Viele Menschen finden diese politische Komponente störend, fehl am Platz, nicht zielführend… Ich finde sie dieser Tage wichtiger denn je: und wichtig, sich damit zu befassen! Besonders als Person des öffentlichen Lebens (= so wie hier alle Fußballspieler) kann man es sich meines Erachtens nicht mehr leisten, bei der gezielten Unterdrückung und Verfolgung von Minderheiten zu schweigen. Schließlich hat man Reichweite und, klar, Vorbildfunktion. 😇

      Ansonsten stimme ich dir bei allem zu. Obwohl das Verbot der UEFA letztlich ja doch etwas Gutes bewirkt hat: man sprach über fast nichts Anderes mehr. 😆

      Kaffeeliebende Grüße! VVN

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  3. Guten Morgen.
    Ich weiß erstmal gar nicht, warum *LGBTQ überhaupt ein „politisches“ Thema ist. Weil es ist ein Thema der Menschenrechte, Individualität und Liebe. Das sollte universell sein.
    Ich finde auch, dass so Länder wie eben Ungarn überhaupt nicht in die EU gehören. Was für ein Zeichen senden wir als EU da eigentlich, wenn so etwas akzeptiert wird?
    Einfach so vollkommen nicht okay!
    Das ist komplett alles nicht okay und ich finde es unfassbar, dass man darüber überhaupt noch diskutieren muss.
    Ich mochte gestern all die Memes, die Sachen sagten wie „Jetzt brauchen wir 11 mutige Spieler und einen guten Frisör“ (ab zum Haare färben)
    Oder hier die Sitzordnung: Reihe 1-6 kommt in lila, Reihe 7 bis…. kommt in gelb….. usw

    DAS wären verdammt coole Aktionen

    😎


    🏳️‍🌈

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    1. Das wäre wirklich eine coole Aktion mit der Sitzordnung. Oder man hätte es trotz Konditionalstrafe ( 1 Mio.) mal durchgezogen und abgewartet, was passiert. Aber man will ja auch die EM- Bewerbung des DFB nicht gefährden… und schwupp, ist man mittendrin in der Sportpolitik. Moralisch einwandfrei handelt da niemand.

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    2. Guten Abend- 😹

      Wir, als EU, senden da ein denkbar beschissenes Zeichen – ohne Frage! Das taten wir auch bereits beim Abtreibungsverbot in Polen, und bei der von Ungarn komplett boykottierten Coronafinanzpolitik, vom Umgang mit Flüchtlingen *überall* ganz zu schweigen, undundund. Im Grunde weiß man gar nicht mehr, wegen welchem Missstand man sich als Erstes übergeben möchte. 🐙

      „Vollkommen nicht OK“ trifft es recht gut.

      Ich wünsch(t)e mir auch, über all diese Probleme nicht mehr diskutieren zu müssen, weil wir sie – als Weltgemeinschaft, nicht bloß EU-weit! – allesamt im Guten überwunden hätten. Das wäre so schön. 🙄

      Solange das jedoch *nicht* so ist, hilft jede solidarisch-politische Aktion, und jeder solidarische Text und jede solidarische Alltagshandlung, die verfolgten Minderheiten signalisiert, dass sie nicht alleine sind. Aber das wisst ihr ja. 💖

      VVN 🐱

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  4. Man sollte es diesem Orban, dessen Ungarn mit seiner Politik in der EU eigentlich nichts mehr zu suchen hätte, mal richtig zeigen, indem möglichst viele Flagge zu den Regenbogenfarben zeigen. Ich war richtig froh, dass Orban nicht nach München kam, um diese Visage mit seiner breitbeinigen Körpermasse nicht sehen zu müssen. Der hat immer einen Feind im Blickfeld um zu hetzen und spalten zu können. Die EU hat einen Feind in ihren Reihen und Putin als Feind vor der Tür. Diesen zweien (er ist ja auch ein Homo-Hetzer) sind jegliche Werte egal und sind eindeutig demokratiefeindlich eingestellt.

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    1. Ja, lieber Hubert- Obwohl mich Orbans abgesagte Münchenreise jetzt nicht sonderlich überrascht hat… Auch *das* sagt sehr viel über den Menschen dahinter aus. 🙄

      Zum Rest: volle Zustimmung. Absolut demokratiefeindlich, deren Politik! Ich bin gespannt, was von Seiten der EU-Kommission noch folgt… Dass Orban bisher irgendwie mit jedem Bullshit durchkam, macht nur wütend. Da fehlt mir jedes Verständnis. 💀

      Ganz liebe Grüße! VVN

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