Leude. Es geht nicht um die Bezeichnung der Sauce. 🐙🐙🐙

Ihr Lieben. Eigentlich wollte ich auch heute über etwas gänzlich Anderes gebloggt haben: aber ich kann gerade nicht, ich mag gerade nicht- Ich hoffe bloß, ihr bringt etwas Offenheit und fünf Minuten Lesezeit mit. 🙂

Also. Der Herr Carax veröffentlichte gestern einen Blogartikel über die momentan viel kritisierte WDR-Sendung „Die letzte Instanz“, welche u.A. die Frage behandelte, ob man den Begriff „Zigeunersauce“ aus dem Sprachgebrauch nehmen möge.

Er betitelte seinen Artikel mit: „Kein Verständnis.“, was insofern missverständlich ist, als dass man denken könnte: „Kein Verständnis für besagte Kritik.“, oder: „Kein Verständnis für die Debatte betreffs der Zigeunersauce.“ 

FALSCH.

Zunächst wisst ihr ja, dass wir beide (plus Wolf als mein ewiger Unterstützer in Sachen Solidarität und Zivilcourage) ganz klare, politische Positionen vertreten. 

Wir alle feierten den Amtsantritt von Joe Biden und Kamala Harris, begrüßen die eindeutig positiven Entwicklungen seitdem, haben ein linkspolitisches Selbstverständnis und kotzten am Holocaust-Gedenktag über das weltweite Erstarken von rechtsradikal-antisemitischen Gruppierungen ab (= die es selbstredend niemals *NICHT* gegeben hatte). 

Euer Leserecho auf jeden der damit verbundenen Blogbeiträge war wunderschön – Zustimmung, wo wir gingen und standen, und ich bin sicher, ihr alle findet auch folgenden Cartoon witzig: 

So weit, so gut. 🌞

Allerdings endet die Geschichte nicht hier. Nur, weil man sich gegen Trump ausspricht, Nazis überwiegend für wenig gebildet oder gar dumm hält (= siehe: der Cartoon), und man den Holocaust schrecklich findet, ist man in Sachen „soziale Verantwortung“ noch lange nicht aus dem Schneider. 

An dieser Stelle verweise ich auf meinen inzwischen vielgelesenen und vielgelikedten Artikel über Weiße Privilegien (= Danke 🌸). Darin heißt es: 

[Fange ich so an, dass Herr Carax und ich schon häufig über sexualisierte Gewalt und „das Patriarchat als gesellschaftliches Konstrukt“ geredet haben, das klar auf der gewaltvollen Unterdrückung aller Mädchen und Frauen dieser Welt beruht.

Nun gibt es doch einige Männer, die geradezu reflexartig sagen: „Was kann ich denn dafür, dass ich als Mann geboren worden bin? Deshalb stehe ich jetzt also unter Generalverdacht, ein (Sexual-)Straftäter und Unterdrücker zu sein?!“ 🤔

NEIN. Und darum geht es auch nicht! Es geht darum, sich zunächst darüber klar zu werden, dass das Patriarchat 1.) tatsächlich *EXISTIERT*, und dass Männer 2.) auf Grund dessen eindeutige gesellschaftliche Privilegien gegenüber Frauen „genießen“ – beginnend dabei, dass sie nur äußerst selten von Wildfremden auf offener Straße sexuell belästigt werden und endend bei der zwischen Frauen und Männern weltweit herrschenden Lohnungleichheit (= Gender Pay Gap).

Diese Bewusstwerdung (= OK. Ich bin als Mann privilegiert gegenüber Milliarden von Menschen. Davon könnte ich nun weiter profitieren, aber eigentlich möchte ich diese Ungleichheit überhaupt nicht… Was kann ich daher tun, damit Frauen und Männer endlich gleichberechtigt werden?) ist der erste Schritt zu einer gerechteren Welt.

Eine positive und nachhaltige Veränderung erreicht man nämlich letzten Endes nur miteinander! SO.

Und: genau wie das Patriarchat ist auch das „Weißsein“ ein gesellschaftliches Konstrukt! Das klar auf der gewaltvollen Unterdrückung aller „Schwarzen“ dieser Welt beruht – siehe Definition von „Weißsein“ und „Schwarzen“ auf der Homepage von Amnesty International.

„Weiß“ und „Weißsein“ bezeichnen ebenso wie „Schwarzsein“ keine biologische Eigenschaft und keine reelle Hautfarbe, sondern eine politische und soziale Konstruktion.

Mit Weißsein ist die dominante und privilegierte Position innerhalb des Machtverhältnisses Rassismus gemeint, die sonst zumeist unausgesprochen und unbenannt bleibt. 

(Das ist extrem vielen Personen nicht bewusst. 😇)

Und nun gibt es natürlich einige Weiße, die geradezu reflexartig sagen: „Was kann ich denn dafür, dass ich mit weißer Haut geboren worden bin? Deshalb stehe ich jetzt also unter Generalverdacht, ein Rassist und Nazi zu sein?!“ 🤔

NEIN. Und darum geht es ebenfalls nicht. Sondern wieder darum, sich zunächst darüber klar zu werden, dass Rassismus und „Weißsein als Gesellschaftskonstrukt“ tatsächlich *EXISTIEREN*, und dass Weiße 2.) auf Grund dessen eindeutige gesellschaftliche Privilegien gegenüber Schwarzen „genießen“ – beginnend dabei, dass sie nur äußerst selten von Wildfremden auf offener Straße als „Tiere/Dreck/Ungeziefer“ bezeichnet werden und endend bei der weltweit systematisch herrschenden (Polizei-)Gewalt gegen Schwarze, Stichwort: George Floyd.

Und auch hier ist die Bewusstwerdung (= OK. Ich bin als Weiße/r privilegiert gegenüber Milliarden von Menschen. Davon könnte ich nun weiter profitieren, aber eigentlich möchte ich diese Ungleichheit überhaupt nicht… Was kann ich daher tun, damit Rassismus möglichst bald in den Köpfen der Leute ausstirbt?) der erste Schritt zu einer gerechteren Welt.]

… Hoffentlich ist klar geworden, dass weder Herr Carax, noch Wolf, noch ich hier irgendjemanden anklagen. 🙂

Es ist uns aber ein Anliegen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie unsere Gesellschaft an sich funktioniert, und wie sie noch „besser“, fairer und (gewalt-)freier werden kann. 

Wenn wir im privaten Rahmen zusammensitzen und jemand sagt: „Freunde, hört mal bitte mit XYZ auf, das ist frauenverachtend/rassistisch/ausgrenzend und verletzt mich.“, dann hören wir auf. Wir hören auf, weil wir ansonsten riesige Arschlöcher und ignorante Deppen wären, und wir schließlich niemandem weh tun mögen.

Ihr hört in einer solchen Situation sicher ebenfalls auf. Stimmt’s? 😮

Aber wenn wir uns als Gesamtgesellschaft betrachten und eine bestimmte Gruppe sagt: „Leute, hört mal bitte mit XYZ auf, das ist frauenverachtend/rassistisch/ausgrenzend und verletzt uns.“, gelten dann auf einmal andere Regeln?

Ich persönlich denke: EINDEUTIG NICHT

Wisst ihr. Im übergreifenden Sinne dreht sich die o.g. Debatte nicht um die Wörter „Zigeunersauce“, „Mohrenköpfe“ oder „Mohrenstraße“, etc. – sie dreht sich darum, ob wir ein System mittragen und beibehalten wollen, das sich auf das Patriarchat und auf Weiße Privilegien stützt. 

(Die WDR-Talkrunde war ein exaktes Abbild dessen. Weshalb saßen dort vier Männer und bloß eine Frau? Und weshalb waren dort ausschließlich Gäste geladen, die allesamt im politischen Sinne des „Weißseins“ an der Spitze der Gesellschaft stehen?)

Am Ende des Tages „müssen“ wir uns also als Einzelpersonen UND als Gemeinschaft fragen: möchten wir, dass sich Frauen/Schwarze/andere Minderheiten weiterhin diskriminiert, ignoriert und mit ihren jahrhundertelangen kollektiven Gewalterfahrungen nicht ernst genommen fühlen? 

Ich möchte das nicht.

Nicht in meinem Namen.

Und wenn ihr euch als liberal, antifaschistisch und linkspolitisch einordnet, aber gleichzeitig Weiße Privilegien besitzt (= Artikel und Privilegien-Checkliste hier)… Solidarisiert euch mit den bisher Schwächergestellten! Redet darüber, mit euren FreundInnen, Verwandten, Kindern- Ihr verliert ja nichts dadurch. Andere gewinnen dazu.

Es geht nicht um die Bezeichnung der Sauce.

Es geht um mehr.

VVN 

30 Kommentare zu „Leude. Es geht nicht um die Bezeichnung der Sauce. 🐙🐙🐙

    1. BITTESCHÖN. 💖

      Liebe Leute. Ich habe Kopfschmerzen. Einfach *politisch bedingte* Kopfschmerzen. Das Thema hat mich die Nacht noch wacher liegen lassen, als ich’s sowieso schon immer tue. 😒

      Manchmal bin ich geradezu betroffen davon, wie viele linkspolitische !!! Leute mit Abwehr, Empörung und gar Hass reagieren, sobald man: „Weiße Privilegien“ thematisiert (= und wie viele Männer, wenn man „Sexismus“ und sexualisierte Gewalt anspricht). Das ist doch traurig. 😟

      Passt auf euch auf! VVN

      Gefällt 1 Person

      1. Ohja, das glaub ich dir… *schiebt kopfschmerzmittel rüber

        Das Problem an linker Politik ist, dass die Leute so sehr davon überzeugt sind, gut und woke und progressiv zu sein, dass sie ihre blinden Flecken nicht merken. Das ist sehr spannend… Bei Rassismus kann ich als nicht-Betroffener nicht wirklich mitreden, aber was in linken Szenen teilweise so an Antisemitismus SALONFÄHIG ist – da fällt einem alles aus dem Gesicht… (obligatorisches „kein ‚richtiger‘ Jude, nur seit zwei, drei Jahren vorsichtig am Konvertieren“ einfügen). Da ist also eh schon so ein „Ich bin viel besser als Nazis.“ Wenn man solchen Leuten dann Rassismus oder sonst einen fiesen ismus „vorwirft“… uiuiui. Und dazu kommt ja noch die gute alte white fragility. Aaah. Und das BESTE ist, dass es einem als weiße Person wirklich nicht weh tut (oder zumindest weniger als PoC, wenn sie von Rassismus betroffen sind), sich damit zubeschäftigen und zu hinterfragen. Weil, ja. Ich bin queer und links und „woke“. Je nach Definition vielleicht auch linksextrem, no idea… Aber das ist halt ungefähr ein so sinniger Persilschein wie 45. Ich habe eben auch festgestellt, dass da noch internalisierter/„subtiler“ Rassismus in mir ist. „Obwohl“ ich mich immer übers N-Wort aufgeregt habe usw usw. Allein das Aufwachsen als privilegierte Person in einer rassistischen Gesellschaft macht ja „etwas“ mit einem. und es ist wahnsinnig anstrengend, das aufzudröseln und zu merken, dass da eben „trotz“ all der wokeness und heititei ichbinsolinks unbewusste Vorurteile etc pp sind, aber es ist halt WICHTIG, weil, wenn man nicht hinguckt, passiert da halt auch nix.

        Gefällt 1 Person

  1. Hast du schön und unmissverständlich geschrieben.
    Jo – es ist gut, dass an diesem Gesellschaftskonstrukt ordentlich gerüttelt wird.
    Etwas mehr Empathie wäre gut – Verstehen ohne zu Bemitleiden – Leid erkennen und annehmen anstatt es abzuwehren, weil man innen drin dieses klitzekleine Gefühl hat, dass man privilegiert ist und sich nicht dafür entschuldigen will.
    In diesem Sinne – lasst uns an diesem Gerüst kratzen; denn wenn es viele tun, wird es irgendwann zerbröseln.
    Liebe Grüße
    Sabine aus dem 🕷 🕸

    Gefällt 1 Person

    1. Liebe Sabine, es freut mich, dass mein Text „unmissverständlich“ war, und dass du dem Inhalt gegenüber so aufgeschlossen bist. 🌞

      Zumal (hier) wahrlich niemand möchte, dass sich irgendwer für sein „Mannsein“ oder „Weißsein“ entschuldigt! 🤔

      Aber dieser gedankliche Schritt: „Oh. Ich bin durch folgende Mechanismen offenbar gesellschaftlich besser gestellt als Andere. Das ist nicht gerecht, deshalb helfe ich jetzt mit, die Zustände für JEDEN zu verbessern!“… Dieser Schritt ist so fundamental für mehr Gleichberechtigung. 🌸

      Herzlichste Grüße! VVN

      Gefällt 1 Person

    1. Allerdings, lieber Flo! „Es reicht lange noch nicht aus, nur gegen Nazis zu sein.“

      KALMARRRRRR!!! 🐙🐙🐙🐙🐙

      Vor allem ziehe ich mir die Leserkommentare bei Zeit-Online etc. ja auch immer rein (= Herr Carax verlinkte den Zeit-Artikel). Wenn ich noch einmal lese: „Die sollen sich nicht so anstellen/Mimimi/Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“, dann gehe ich die Wände hoch. 😡

      Weshalb beharren manche Leute nur so sehr darauf, gewaltbehaftete Bezeichnungen und somit auch gewaltvolle Gesellschaftsstrukturen beizubehalten.

      VVN

      Like

  2. manchmal wünschte ich mir, ich könnte allen möglichen leuten texte wie diese irgendwie intravenös verabreichen, oder telepathisch übermitteln. aber besonders gewaltfrei wäre das wohl nicht…danke jedenfalls für diese klaren worte und die gute argumentationskette!

    Gefällt 1 Person

    1. Boah, ich danke euch auch! 😀

      „Gute Argumentationskette“ beruhigt mich zudem, weil es echt schwer ist, so einen komplexen Sachverhalt *für jeden leicht nachvollziehbar* in einen Fünfminüter zu packen. 😱

      Wenn ihr mögt, könnt ihr den Beitrag gerne ganz gewaltfrei teilen! 😅

      Und übrigens bin ich euch (hoffentlich!) soeben gefolgt. Ich hab bereits vor Urzeiten bei euch komnentiert… Keine Ahnung, weshalb es damals mit dem Folgen nicht klappte?

      Alles, alles Liebe! VVN

      Like

      1. Hat geklappt mit dem Folgen, cool, das freut uns! Haben allerdings eine krasse Schreibblockade seit Monaten. Aber wird bestimmt wieder was irgendwann. Vielleicht sollten wir mit Rebloggen deines Beitrags anfangen! 😀 Aber nicht mehr heute – gute Nacht! Möge sie erholsamer sein als die letzte!

        Gefällt 1 Person

  3. Ein solcher Beitrag war überfällig. Es herrscht noch großes Lernpotential.
    Mich verwunderte an der zitierten Diskussion übrigens , dass jemand wie T.G., der schon ewig in den USA lebt, so unqualifiziert diskutiert.
    Chelsea Handler hat auf Netflix eine Doku über ihre Entwicklung mit dem Thema gemacht.
    Hello privilege, it’s me Chelsea. Liebe Grüße, B.

    Gefällt 2 Personen

    1. Liebe Barbara! Die Doku schau ich mir auf jeden Fall an! Danke für den Tipp! 🌸

      Und *WIE* noch jede Menge Lernpotential herrscht. Auch wir lernen ja noch täglich dazu (und „müssen“ das)! Obwohl du überhaupt erstmal wieder richtig gesund werden musst. 😉

      VVN

      P.S.: Der Thomas G. ist das beste Beispiel für jemanden, der zwar weltoffen ist und todsicher (eher) politisch links, aber völlig planlos hinsichtlich seiner Privilegien.

      Gefällt 1 Person

      1. Guten Morgen, lieber Valentin,
        Ich weiß nicht, ob du Chelsea Handler kennst. Sie ist eine ziemlich respektlose US Comedian und Ex Late Show Host. Jedenfalls hat sie ihren Job bei Netflix über dieses Problem verloren. Und gerade sie hatte schwarze Partner usw.
        Danke für die guten Wünsche, pass Du auch gut auf Dich auf. LG B.

        Gefällt 1 Person

      2. Guten Nachmittag, liebe Barbara 😅, nein, kenne ich bisher nicht, aber ich bin arg gespannt, mehr über die Geschichte zu erfahren! 🌞

        Bis bald! VVN

        Like

      1. Danke für deine Nachfrage.
        Tja, der Weg ist noch weit und aktuell im als hier als „normal“ definierten Gewichtsbereich angelangt, feiern Rosa und Schwarz Party in meinem Kopf, während ich sehr oft heulend oder mindestens *leicht* verzweifelt danebenstehe und mich frage, was um aller Welt ich hier eigentlich (noch) tue. Aber irgendwie bleibe ich dann doch und hoffe – manchmal – dass es doch besser wird.
        Liebste Grüße
        Lia

        Gefällt 1 Person

  4. Hm, grundsätzlich finde ich den Beitrag sehr gut. An manchen Stellen bin ich mir jedoch nicht sicher, ob ich ihn richtig verstanden habe, weil ich etwas ein wenig anders sehe als das was ich beim lesen verstanden habe. Und ich rede hier für mich und nicht für alle von uns. Verstanden habe ich, dass Sprache im Kopf Bewusstsein/bewusst werden verändern kann, dem stimme ich zu, aber nicht uneingeschränkt. Rassismus, Toleranz und all das andere beginnt immer im Kopf! Ich kann rassistisch denken und trotzdem völlig korrekt alle möglichen diskriminierenden, rassistischen Wörter vermeiden und perfekt gendern zbsp. Ohne dass es in meinem Bewusstsein was verändert. Es gibt einfach viel zu viele Menschen die einfach nur das tun was die Mehrheit tut, ohne zu hinterfragen warum dies die Mehrheit tut, ob es richtig ist was die Mehrheit tut und ob ich das wirklich auch so will. Ich verstehe zbsp absolut, dass sich Menschen mit anderen geschlechtlichen Identitäten als eindeutlig „weiblich“ oder „männlich“ ausgegrenzt fühlen weil sie sich nicht gesehen fühlen, da sie über den allgemeinen Sprachgebrauch ignoriert werden. Und ich finde es ok, wenn viele für sich das gendern als eine Ausdrucksform gefunden und akzeptiert haben die sie praktizieren um dem Ausdruck zu verleihen, dass sie begriffen haben dass es eine Menge anderer geschlechtlicher Identitäten gibt, die sie sehen und mit ansprechen wollen. Für mich ist dieses *Innen das dann in jedem 3ten Wort mit ausgesprochen oder gelesen wird, völlig verwirrend und sorgt dafür dass ich das nicht lesen kann oder der Unterhaltung nicht zuhören kann. Nicht weil ich die anderen geschlechtlichen Identitäten ausschließen möchte, sondern weil es für mich persönlcih Sprache unaussprechlich macht. Ich bekomme Knoten im Kopf. Für mich wäre den gangbare Weg am Anfang den anwesenden klar zu sagen, dass wenn ich nicht korrekt gendere das nicht daran liegt dass ich kein Bewußtsein habe für jene, die sprachlich nicht explizit genannt werden, dass ich sie sehr wohl sehe, und dass wenn ich die „männliche“ Form der Sprache benutze ich mir dennoch darüber bewußt bin dass es alle anderen Identitäten gibt und dass ich diese genauso damit anspreche und meine, wie die Frauen zbsp, die ja dann auch nicht explizit genannt werden. Bin ich deswegen jetzt Rassistisch oder ignorant und intolerant? Ich bitte da ernsthaft um feedback.
    Was mir auch etwas Bauchschmerzen bereitet ist zbsp, wenn ohne zu überlegen wo Dinge herkommen, welche ursprüngliche Bedeutung sie haben, einfach der Sprachgebrauch geändert wird, damit sich Minderheiten nicht benachteiligt fühlen. Das Wort „Schwarzfahren“ zbsp hat im Ursprung nichts mit dunkelhäutigen Menschen zu tun sondern kommt aus dem jüdischen und bedeutet Arm. So fahren arme Menschen, weil sie sich ein Ticket nicht leisten können. Und wenn sich dann jemand über das Wort „schwarzfahren“ aufregen dürfte und müsste, wären es all die armen Menschen in unserem Land/auf der Welt, unabhängig von der Haufarbe, des Familienstandes oder der Anzahl der Kinder. Alle jene Menschen die zum sterben zu viel aber zum Leben eigentlich zu wenig haben. Wer sich das bewußt macht, spürt vielleicht eine andere Empfindung innerlich bei dem Wort „schwarzfahren“ als noch zu dem Zeitpunkt als er das Wort „schwarzfahren“ mit dunkelhäutigen Menschen oder vermeintlich asozialen Menschen in Verbindung gebracht hat.
    Ja, ich finde auch dass man mit Sprache manches bewußt werden lassen kann, was an persönlichen Einstellungen etwas verändert. Ich fürchte aber, dass es viel zu viele Menschen gibt, die einfach nur nachplappern und an deren rassistischem oder intolerantem Denken es null ändert wenn die Sprache im allgemein Gebrauch so verändert wird, dass sie für gerade auch „ärmere Bildungsschwache Schichten“ oder auch Menschen mit Migrationshintergrund teilweise nicht mehr sprechbar/verstehbar wird/ist. Toleranz ist, jedem einzelnen seine individuelle Sichtweise zuzugestehen und sie ersteinmal zu akzeptieren, auch wenn man sie persönlich als falsch empfindet. Denn gerade die „antifastischen“ und „linkspolitisch“ eingestellten merken oft nicht vor lauter Gutmenschentum, wo sie selber extrem intolerant und verletzend und ungerecht sind.
    Ein guter Mensch ist nicht derjenige, der von sich überzeugt ist ein Gutmensch zu sein, sondern derjenige der sich jeden Tag mehrfach hinterfragt ob er selbst wirklich besser ist als der andere. Ein toleranter Mensch ist nicht derjenige, der behauptet tolerant zu sein aber gleichzeitig anderen menschen ihr Recht auf „lLeben“ abspricht, weil sie Dinge anders sehen, so wie es derzeit gerade politisch ganz oft passiert. Tolerant ist meiner Meinung nach auch nicht, wenn man nur das hört und sieht, was einem selbst grade in sein eigenes Weltbild und in die eigene politische Denke passt. Sondern Toleranz ist in meinen Augen, möglichst viele Sichtweisen zu betrachten, für sich diejenige zu finden die sich für sich selbst stimmig anfühlt und diese zu vertreten, ohne den anderen abzuwerten und zu verurteilen weil er es anders sieht. Tolerant ist wenn ich sagen kann „ich sehe, ich kann dich nicht überzeugen, aber du kannst mich auch nicht überzeugen und so müssen wir nun eben damit klarkommen dass wir da unterschiedlicher Meinung sind“, oder gegebenfalls entsprechende Kosequenzen für sich selber ziehen. Um ein Beispiel aufzuführen, die Impfung gegen Corona. Warum ist jemand, dessen Angst vor möglichen Nebenwirkungen der Impfung größer ist als seine Angst an Corona zu erkranken, unsozial und sollte am gesellschaftlichen Leben nicht mehr teilnehmen dürfen? Is dessen Angst vor Nebenwirkungen nicht auch Angst? Ist eine Angst mehr Wert als eine andere Angst? Ist jemand, der eine ausgeprägte Spinnenphobie hat, so wie ich, kindisch und albern nur weil es hierzulande keine giftigen gefährlichen Spinnen gibt und der Großteil der in Europa lebenden Menschen kein Angst vor Spinnen hat? Oder Mäusen? Oder whatever? Ist es tolerant wenn ich jemanden, der abwarten möchte wie sich die Nebenwirkungen entwickeln bevor er sich vielleicht nächstes oder übernächstes Jahr impfen lässt…., ist es tolerant wenn der so lange nichts mehr tun darf und als asozial bezeichnet wird, oder wie in CNN vertreten verhungern sollte weil er nicht mal mehr Lebensmittel einkaufen sollen dürfe? Ist es tolerant wenn ich mich über die Mäusephobie eines anderen lustig machen nur weil ich selbst keine Angst vor Mäusen habe? Gerade Toleranz hat viel viel mehr mit dem Kopf zu tun, als es Sprache jemals ausdrücken könnte……
    Und gerade bei Toleranz sollte jeder Mensch sich selber ganz oft fragen „bin ich gerade wirklich tolerant oder meine ich nur, tolerant zu sein?“
    Das ist meine ureigenste Meinung und ich bin für jedes feedback offen.
    Und sorry, dass ich jetzt einen Roman geschrieben habe.

    Gefällt 1 Person

    1. Heyhey! Kein Grund, „sorry für den Roman“ zu sagen! Ich hab gerade bloß etwas wenig Zeit, um angemessen zurückzuschreiben, deshalb wollt ich nur mal kurz Rückmeldung geben: gelesen, gespeichert und ich antworte ausführlich, sobald ich kann! 😊

      Ganz liebe Grüße! VVN

      Gefällt 1 Person

Hinterlasse eine Antwort zu Rivers Renewed Antwort abbrechen