Heimatlosigkeit. Streunerleben. Mh.

Wolf und ich haben den Gin Tonic, den ich gedanklich für Donnerstag eingeplant hatte, nun doch bereits gestern Nacht getrunken. Und, OK: nicht nur einen- 😅

(Für alle Gin-Tonic-Liebhaber: es war normaler Tanqueray. Aufgegossen mit Fever Tree Indian Tonic, dazu Zitronenzeste, Thymianblüten und Eis. Kann man machen.)

Später bin ich etwas experimentierfreudiger geworden und habe mir 1.) noch einen Harvey Wallbanger und 2.) einen kalten Kakao zubereitet, beides mit Absolut-Vanilia. In den „Wallbanger“ kommt eigentlich gewöhnlicher Vodka, aber ich bleibe ein Fan der süßen Pampe. Beide Getränke enttäuschten nicht-

Beim Trinken lungerten wir erneut auf einem Sitzsack-Decken-Kissen-Lager unter freiem Himmel, diesmal jedoch ohne Mondi oder Sterne, so diesig es derzeit ist. Wunderschön war es nichtsdestotrotz- (!)

Zusätzlich toll war, dass wir telefonisch zunächst mit Wolfs Ex-Freundin plaudern konnten, und dann mehr als zwei Stunden lang mit einem weiteren Kameraden von Wolf, im Sinne der sich schließenden Kreise. Die Wieder“sehens“freude war jedenfalls riesig. Ich verbinde mit besagtem Kameraden sau-lustige Treffen, aber wir hatten uns eben 4 1/2 Jahre nicht gesprochen- 🤔

Eingebettet in so viel Fluff ist mir aber immer DOPPELT bewusst, dass die Dinge längst nicht zu jeder Zeit so rosig waren-

In einer Unterhaltung über unsere jeweiligen Wohnungen stellte Wolf gegenüber, dass sein Zuhause unglaublich viel Persönlichkeit inne hat – das stimmt: jahrelange, akkurat-pedantische* (Heimwerker-)Arbeit steckt in seinen Räumlichkeiten, man sieht die Liebe dahinter und man sieht Wolf 💖 – wohingegen ich einrichtungstechnisch äußerst schlicht lebe, und bis heute partiell aus Umzugskartons.

Tatsächlich, so meinte ich dann, bräuchte ich für mein persönliches Sicherheitsgefühl letztlich bloß

• ruhige, abschließbare vier Wände (!!!),
• warmes, fließendes Wasser und
• eine Matratze plus Decke zum Schlafen,

alles Weitere sei ein Add-On. Und das meine ich ernst! Denn diese drei Dinge sind schon mehr, als ich in der Vergangenheit doch öfters mal hatte. Die Isolation, von der ich sprach, wechselte sich seit meinem 13. Lebensjahr nämlich immer wieder mit notgedrungenem Herumtreibertum und Phasen der Heimatlosigkeit ab.

Besser war’s mit einer häuslichen Situation wie der meinen, und ich schlief in Restaurants, in Leseecken großer Bücherläden, in Bahnen oder Clubs (= dies ab meinem 16. Lebensjahr, man ließ mich dank Kontakten ein, zumal ich bereits tätowiert war). Putzte mir in den Badezimmern von Eiscafes die Zähne, ging nicht zur Schule und war manchmal tage- oder wochenlang weg. Glücklicherweise hatte ich auch damals schon extrem gute Freunde, die mich zwischenzeitlich ebenfalls aufnahmen, aber weil wir noch minderjährig waren, ging es längst nicht immer-

Im Frühjahr 2001 ließ mich eine Schulkameradin einmal abends heimlich in ihr Haus ein, kochte mir Tee, brachte mir Bockwurst und Butterbrot und gab mir ihren Sessel zum Drauf-Übernachten: und ich hätte vor Dankbarkeit fast geheult, weil es für mein 14-jähriges Ich eben eine Nacht weniger draußen in Kälte und Ungewissheit bedeutete-

Insofern hat Wolf Recht: meine Inneneinrichtung sagt (fast) nichts über mich aus. Bis auf seinen Handabdruck, der im Bilderrahmen in meinem Schlafzimmer steht, und eine Wand voll mit unserem BDSM-Equipment ist da auf ersten Blick nichts wahrhaft Persönliches. Und ich könnte bis heute einfach meinen Rucksack packen und loslaufen, ohne mich noch ein einziges Mal umzugucken.

Aber… Das sehe ich als eine meiner Stärken. Wolf hat das eindeutig schickere, luxuriöse Zuhause: ich hab meine unendliche Flexibilität. Das ergänzt sich letztlich auch gut- 😊

Macht euch einen virenfrei-entspannten Restmittwoch! Tüdelü.

VVN

*“pedantisch“ ist als Begriff meist negativ behaftet. Aber Wolf bezeichnet sich selbst so-

14 Kommentare zu „Heimatlosigkeit. Streunerleben. Mh.

    1. Hm… Lebendig und selten brav versuchen wir in der Tat zu sein! 😅

      Aber mitunter auch, weil wir wissen, wie schnell alles vorbei sein kann- Dir wünsch ich deshalb *ab jetzt* noch viele lebendige, UN-brave Zeiten! Weshalb solltest du denn keine mehr haben? 😉

      Herzlichst: VVN

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      1. Ich bin gerade mittendrin und es fühlt sich ungewohnt gut an.
        Wir wissen auch wie schnell alles vorbei sein kann. Die Ärzte hatten uns mal …vielleicht noch 3 Monate….gegeben. Das ist Jahre her und irgendwann schlich sich der Alltag ein. 🤭

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  1. Ich konzentriere mich jetzt mal auf eure schön kuschelige Freiluftzeit auch ohne Mond und Sterne.
    Der Rest trieb mir schon wieder Tränen in die Augen.
    Habt einen schönen Resttag

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    1. Den wünsche ich dir ebenfalls, liebe Sandra! 😊

      Übrigens hörte sich das Buch über Ally und Luc wirklich sehr interessant an. Schon aus rein menschlich-psychologischer Sicht! Ah. Um mehr lesen zu können, müsste ich weniger selbst schreiben. Das ist (m)ein Dilemma. 🙄

      Bis sehr bald! VVN

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  2. Du hast ein sehr abenteuerliches Leben hinter dir.
    Aber gute Freunde kann eben nichts ersetzen 🙂
    Und ich wiederhole mich nur ungern, aber: auch hier scheinen sich Wolf und du sehr gut zu ergänzen 🙂

    Habt noch einen wundervollen Tag und genießt den morgigen Feiertag 🙂

    Ganz ganz liebe Grüße von
    Lisetta

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    1. Liebe Lisetta, mitunter durch dich habe ich mitbekommen, dass heute Feiertag ist- 😅

      Nun hoffe ich, dass du ihn ebenfalls mit deinem Freund/Freunden/Familie zusammen genießen kannst: oder auch alleine, sofern dir danach der Sinn steht- 😊

      Allerbeste Grüße zurück: und du hast mit allem Recht- Ich bin ultimativ dankbar für meine Leude und Wolf. 💖

      Bis sehr bald! VVN

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  3. Lustig, dass du gerade passend dazu meinen Beitrag über all meine Sachen in der Wohnung geliked hast. Ich liebe meine Dinge, viele davon würde ich vermissen, trotzdem, seltsamerweise, sind nur wenige (Achtung Wortspiel) unabdingbar. Beschwerlich sind sie aber auch, und ich stell es mir beruhigend vor, wenn man alles Wichtige einfach in einen Rucksack stecken kann und los. Zu 99% bin ich aber sesshafte Sammlerin und glücklich damit 😁

    Respekt dafür, wie selbstbewusst du mit deiner Biographie umgehst.

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    1. Heyhey, Carlie! Spannend, diese Wohnungstextparallele – ich dachte so etwas Ähnliches, während ich bei deinem Beitrag auf „Liken“ drückte. 😉

      Selbstverständlich verschließe ich mich nun auch nicht *völlig* vor jeglichem weltlichen Besitz- Ein Totalminimalist bin ich dann ebenfalls wieder nicht! Sicher hängt mein Herz an diversen Dingen, die ich bei mir zuhause habe. Aber ich reise eben gerne leicht, spende regelmäßig alles, was ich nicht benutze und halte meinen Krams übersichtlich-

      Gleichzeitig kann ich mir absolut vorstellen, dass/WIE dich das 99%ige sammelnd-sesshafte Leben glücklich macht! 😊

      Wir lesen uns… Und, hej: der Respekt wird erwidert! VVN

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    1. Ich danke dir sehr! Und den schönen Abend hattest du hoffentlich auch, bzw. wirst ihn an diesem Feiertag wieder haben! 😊

      Übrigens killen mich diese Pappeldinger. „WTF!“ und liebste Grüße! VVN

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      1. Hatte ich, ja, danke. Und heute? Fahrt zum und vom Bahnhof – inclusive Sonnenuntergang 🙂

        Diese Corona- Visiere (Stirnband plus Plastikscheibe) müßten zumindest helfen, daß man diese Pappel- Dinger nicht in die Augen kriegt, oder? Hatte ich mal, das war ganz mies.
        Das braucht mal wieder ordentlich Regen für die Allergiker 😉 Liebe Grüße!

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  4. Gerade in unserer liebevoll eingerichteten Wohnung, die unser Rückzugsort vor dem „grauen Alltag“ ist, liegt unsere Kraft.
    Ich bedauere das du etwas ähnliches nicht kennst.
    Fühl dich von mir gedrückt 😘
    Liebe Grüße
    Monika

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  5. Liebe Monika, das ist aber nett von dir. 😊

    Für mich liegen die „Rückzugsorte vom grauen Alltag“ einfach seit je her bei anderen Menschen (= Freunden, Wahlfamilie, Wolf) und sind nicht ortsgebunden- Ich freue mich aber, dass du und dein Mann es mit Garten, Balkon, usw. so heimelig-schön habt! 😇

    Liebe Grüße zurück! VVN

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